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Heinrich August Winkler – Von Weimar zu Hitler

Die Arbeiterbewegung und das Scheitern der ersten deutschen Demokratie
Es war ein Fehler, daß die Sozialdemokratie die letzte Chance nicht nutzte. Denn was dann kam, die Ära der Präsidialregierungen,war nicht nur eine logische, sondern auch die allseits vorausgesehene Konsequenz des Bruches der Großen Koalition. Es war ebendiese Folge, die Hilferding schon im April 1930 zu dem Verdikt veranlaßte: „Es ist nicht gut, aus Furcht vor dem Tode Selbstmord zu verüben.“
Die SPD war die prowestlichste, vor allem die am meisten profranzösische Partei Deutschlands, und das machte sie aus Stalins Sicht zu einem gefährlichen außenpolitischen Gegner.
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Die KPD war die Partei derArbeitslosen, und sie wurde es in den Jahren der Weltwirtschaftskrise immer mehr; Arbeiter, die noch Arbeit hatten, neigten dagegen eher dazu, die SPD zu unterstützen.
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Die SPD war eine, nein die staatserhaltende Partei der Weimarer Republik; sie war es seit 1930, als dieser Staat weniger als je zuvor der ihre war, mehr denn je. Die KPD sah sich als eine, nein als die Partei des gewaltsamen Umsturzes schlechthin – und obwohl sie gar keine konkreten Revolutionspläne hatte, wurde sie weithin als das gesehen, was sie vorgab zu sein.
Der kommunistische Kampf gegen den „Sozialfaschismus“ war ebenso ein Beitrag zum Aufstieg Hitlers wie die kommunistischen Parolen und Aktionen, die den Nationalsozialisten seit 1929 Wähler zutrieben.
Der Umkehrschluß, daß eine einige „marxistische“ Arbeiterbewegung den Nationalsozialismus hätte verhindern können, erscheint dennoch gewagt.
In dem von Hilferding entworfenen „Prager Manifest“ der Exil-SPD vom Januar 1934 hieß es zur Revolution von 1918/19: „Daß sie den alten Staatsapparat fast unverändert übernahm, war der schwere historische Fehler, den die während des Krieges desorientierte deutsche Arbeiterbewegung beging“.
So gut wie niemand forderte 1918/19 eine Enteignung der ostelbischen Rittergutsbesitzer – derjenigen alten Führungsschicht, die sich bald als der entschlossenste Gegner der jungen Republik erweisen sollte und die
im Januar 1933 bei der Machtübertragung an Hitler die Schlüsselrolle spielte.
Sicher ist im Rückblick nur, daß Weimar ein Versuch war, den Grundwiderspruch des Reiches von 1871, den Gegensatz zwischen wirtschaftlicher und kultureller Modernität auf der einen und politischer Rückständigkeit auf der anderen Seite, aufzulösen. Die Restauration eines bürokratischen Obrigkeitsstaates unter Brüning markierte das Scheitern dieses Versuchs. Die Wahlerfolge der Nationalsozialisten waren auch ein populistischer Protest gegen die fortschreitende Ausschaltung der Massen.
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  1. November 7, 2018 at 14:43

    Es gibt eine Menge Beschönigungen der SPD-Politik in diesen Auszügen:
    1. “die während des Krieges desorientierte deutsche Arbeiterbewegung”
    Geht zu einem erheblichen Teil auf das Konto einer unter Wilhelm II. zunehmend staatstreuen und autoritären SPD, die vom Frieden sprach und den Krieg brutal unterstützte. Typisch war der Ausschluss der Kriegsgegner 1917:
    http://www.faz.net/aktuell/politik/der-erste-weltkrieg/frankfurter-zeitung-19-01-1917-spd-schliesst-abtruennige-aus-14532988.html
    Schlüsselfigur war schon damals der autoritäre Ebert:
    “Von 1900 an wird die deutsche Sozialdemokratie durch ihre Praxis besser definiert als durch ihre (marxistische) Theorie.
    Nach Ebert, der 1913 Bebel an der Spitze der Partei nachfolgt, gilt:
    ‘Der Sozialismus ist die Organisation. Die Desorganisation ist der schlimmste Feind des Sozialismus'”

    Die deutsche Polarisierung


    2. “Revolution von 1918/19”
    War keine Revolution. Die SPD hat sich von der OHL nicht nur mit der Verantwortung für die Kapitulation über den Tisch ziehen lassen, sondern sich auch noch mit dem Militär verbündet, um die Arbeiter- und Soldatenaufstände blutig niederzuschlagen. Die SPD-Führung hat so ziemlich alles im Stich gelassen, wofür die Partei einmal gestanden hatte. Die Junker standen ihr in Wahrheit näher als die Arbeiter. Das war alles eine Roßtäuscherei, die bis heute weitergeht und nur von wenigen beim Namen genannt wurde:

    Ich bin nun mal Deutscher

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